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Es gibt nur neinen Jimmy Grimble

There is only one Jimmy Grimble
Großbritannien, 2000
Regie: John Hay
Drehbuch: Simon Mayle, John Hay, Rick Carmichael, nach einer Idee von Simon Mayle
Kamera: John de Bormann
Musik: Simon Boswell, Alex James
Darsteller: Robert Carlyle, Ray Winstone, Lewis McKenzie, Gina Mc Kee
Produktion: Arts Council of England, Impact Films, Pathé Pictures, Sarah Radclyffe Productions, Le Studio Canal+
BJF-Empfehlung: ab 8 Jahren, FSK: ab 6
Stichworte: Sport, Jugend
Länge: 105 Minuten, Spielfilm Farbe dtF

Manchester: So manche Assoziation fällt einem zum geschichtsträchtigen Handels- und Kulturzentrum des englischen Nordwestens ein, vor allem aber eine – Fußball. Der ewige Kampf zwischen den großen Vereinen Manchester United und Manchester City zerreißt Familien und Freundschaften, sorgt für brisante soziale Konflikte, ebenso aber auch für heißblütig ausgelebte Passionen, wie man sie im unwirtlichen Norden Europas nicht unbedingt vermutet. Mitten im sozialen Brennpunkt der Krisen geschüttelten Metropole lebt und leidet der 15-jährige Jimmy Grimble, ein alles andere als hübscher Junge, kleiner als seine Mitschüler, mit großen, abstehenden Ohren und dem starken Hang zu Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen. Nichts scheint ihn aus seiner Verliererrolle retten zu können; seine alleinerziehende Mutter bringt wieder einmal einen neuen Freund mit nach Hause, der sich als Ersatzvater aufspielt, in der Schule wird er verlacht, verfolgt und gedemütigt, und in seinem Lieblingssport Fußball wird der junge Manchester-City-Anhänger regelrecht überrannt. Nur wenn er allein in den abruchreifen Straßen vor sich hindribbelt, geschieht etwas geradezu Magisches: Jimmy überwindet seine Hemmungen und Ängste, es gelingen ihm technische Kabinettstückchen und Ball-Finessen, die einen Michael Owen oder David Beckham erblassen ließen. Als die Schulmeisterschaften im Fußball anstehen, wird Jimmy vom Sportlehrer als Ersatzspieler nominiert; etwa zur selben Zeit flüchtet Jimmy wieder einmal vor seinen Drangsalierern und wird von einer rätselhaften alten Frau gerettet, die in einem Kellerloch haust und ganz in ihren Erinnerungen lebt. Die Alte schenkt ihm ein Paar alter Fußballstiefel – sind es Zauberschuhe? Jimmy zweifelt, doch als er im ersten Meisterschaftsspiel, das eher einer Prügelorgie im Matsch gleicht, eingewechselt wird und ein sagenhaftes Tor schießt, ändert sich alles: Jimmy bekommt sich in den Griff, genießt Erfolg und Anerkennung; die Dinge entgleiten ihm einfach nicht mehr. Und das alles wegen magischer Fußballschuhe? Es gibt in der Tat nur einen Jimmy Grimble – wie jeder junge Mensch früher oder später seine eigene Individualität mit allen Stärken und Schwächen erkennen und anerkennen lernen muss, um zu seinem Selbstwertgewühl zu finden. Regisseur John Hay entwickelt einen phasenweise mitreißenden Jugendfilm zwischen realistischer Alltagsbeschreibung und märchenhafter Überhöhung, in dem gewiss vieles holzschnittartig und auch plakativ bleibt. Da geht es wieder einmal um den Sieg im Sport als mythisches Szenario für Selbstüberwindung und Charakterstärkung, das sich natürlich erst in allerletzter Sekunde entscheidet; da sind die Erwachsenen ordentlich, fast klischeehaft aufgeteilt in Jimmys „Feinde“ und Bezugspersonen, da wird die Märchenfabel um die rätselhafte Alte mit einem Anstrich Charles Dickens dekoriert, was ebenso wenig originell erscheinen mag wie die beschwörenden Appelle, dass Jimmy endlich lernen müsse, an sich selbst zu glauben. Und doch: Dies ist ein höchst lebendiger, fesselnder und anrührender Film für Jugendliche und nicht für Filmkritiker oder sonstige besserwisserische Erwachsene, und Jugendliche werden thematisch verwandte Märchen und Erzählungen ihrer Kindheit ebenso wenig vergessen haben wie sie sich angesichts ähnlicher Ängste und Sorgen, Tagträume und (Glücks-)Fantasien problemos mit Jimmy anfreunden werden. Die Sorgfalt und der große Aufwand der Inszenierung sind für einen Jugendfilm geradezu vorbildlich, vor allem der pointierte Einsatz von Pop- und Rock-Songs, die Jimmys Leiden und Leidenschaften kommentieren (u.a. singen Echo and the Bunnymen „Nothing Lasts Forever“); sie bringen zudem die notwendige Distanz, aber auch Komik ins Spiel, was Jimmys Lehr- und Fußballjahre bei aller Tristesse auch unterhaltsam und witzig macht. Dass der Junge zugleich als auktorialer Erzähler fungiert und als sein eigener Off-Kommentator mit trockenem Witz quasi retrospektiv „neben sich tritt“, erhöht den Reiz zusätzlich. Am Ende gibt es ein dickes, prachtvolles Happy End, an dem neben Trainer, Ersatzvater und Mutter vor allem Jimmy Grimble selbst gearbeitet hat, um zu verstehen, dass der „Zauber“ nicht in seinen Schuhen, sondern in ihm selbst steckt. „Fußball ist halt nicht alles im Leben“, sagt er – um spitzbübisch direkt in die Kamera zu blicken und diese Weisheit sofort zu relativieren: „War ja nur Spaß!“ Im englischen Original vermittelt sich die stark auf den Reiz des „Mancunian accent“ setzende Fabel weit authentischer und noch amüsanter; aber auch die deutsche Fassung wird Jugendlichen viel Vergnügen bereiten. Ein Trauerspiel, dass für solche Geschichten kein Platz im deutschen Kino ist.

(Filmdienst)

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